Tag 7 - Die Kirche

 

Am letzten Tag, den sie in der Stadt verbringen würden und bevor sie wieder nach Kändelmar zurückkehrten, wurde Eva erneut von Glockengeläut geweckt. Sie hatte nicht gut geschlafen, denn nachdem sie sich nachts eine Kelle Wasser aus dem Wasserfass geholt hatte, das von den Bewohnern des Hauses mit Brunnenwasser aufgefüllt wurde und diese dann mit Wasser versorgte, hatte sie nicht mehr einschlafen können, weil ihr Pate angefangen hatte zu schnarchen. Trotzdem war sie gut gelaunt, denn ihr Großvater hatte ihr erzählt, dass heute der Tag des heiligen Sankt Benediktus sein würde. Sankt Benediktus war der Schutzpatron der Stadt und so wurden an seinem Feiertag das Rathaus und vor allem die Kirchen festlich geschmückt. Nachdem ihr Vater am Nachmittag den Stand abgebaut hätte, würden sie abends gemeinsam in die Kirche gehen und den Gottesdienst besuchen. Doch erst einmal würden sie frühstücken und dann zum Markt aufbrechen. Zum Frühstück gab es wieder Haferbrei, doch ihr Großvater war so großzügig gewesen und hatte für dieses Frühstück einen Topf mit Honig auf den Tisch gestellt und so wurde der Brei nicht mehr nur noch durch die Beeren, sondern auch durch den feinen, süßen Geschmack des Honigs aufgebessert. Nach dem Frühstück räumten sie gemeinsam das Geschirr ab und einer von Evas Onkels machte sich auf den Weg, um das Geschirr abzuspülen. Eva und Johannes saßen zusammen mit ihrem Großvater im Wohn- und Esszimmer und ihr Großvater erzählte ihnen gerade die Geschichte des Beowulf, als ihre Mutter reinkam und meinte: „Auf jetzt, euer armer Vater ist bestimmt ganz einsam und wartet schon auf uns. Außerdem hat er noch kein Frühstück gehabt.“ Dabei hielt sie einen irdenen Topf hoch, in dem etwas von dem Haferbrei zu sein schien, den sie am heutigen Morgen gegessen hatten.

 

Sie machten sich also auf den Weg durch die Gassen und je näher sie zum Marktplatz kamen, desto freundlicher und breiter wurden die Wege. Als sie sich dem Marktplatz auf wenige Hundert Fuß genähert hatten, begannen sie, den Lärm des Marktes zu hören, sowie die Hufschmiede, die nicht nur vorgefertigte Ware verkauften, sondern auch die Hufeisen direkt vor Ort anbrachten. Sie fanden ihren Vater problemlos, doch dieser war gerade am Feilschen mit einem Kunden, weswegen das Essen warte musste. Nachdem der Kunde gegangen war, machte sich ihr Vater hungrig über den Haferbrei her, während ihre Mutter das Verkaufen übernahm. Eva und Johannes setzten sich zu ihrem Vater und erzählten ihm vergnügt, was ihr Großvater ihnen so alles mitgeteilt hatte. Ihr Vater hörte ihnen interessiert zu und stellte zwischendurch Fragen. Als er fertig mit Essen war, meinte er: „So, vielen Dank, dass ihr mich auf den neuesten Stand gebracht habt, was die Geschichten eures Großvaters angeht. Ich muss jetzt aber an die Arbeit. Könnt ihr mir einen Gefallen tun?“ Eifrig nickten die beiden Kinder und so fuhr ihr Vater fort: „Ein paar Stände weiter gibt es einen Stand, an dem Formen zum Ausstechen zu kaufen gibt. Wollt ihr vielleicht zwei Handvoll für uns aussuchen?“ Die Kinder waren begeistert und zogen direkt los, nachdem ihnen ihr Vater das Geld dafür gegeben hatte. Am Stand angekommen ging eine große Kabbelei los, welche Formen sie nehmen wollten, doch schließlich einigten sie sich darauf, dass jeder fünf aussuchen dürfe. Eva entschied sich für einen Menschen, einen Igel, einen Stern, eine Tanne und einen Esel und nachdem sich Johannes seine fünf Formen ausgesucht hatte und sie bezahlt hatten, gingen sie wieder zurück zum Stand ihres Vaters und präsentierten stolz ihrer Mutter ihre Beute, weil diese gerade in kein Kundengespräch verwickelt war. Der Tag schlich danach jedoch nur noch langsam voran, noch langsamer, so empfand es Eva als der gestrige, denn heute erwartete sie gespannt, wie es in der Kirche aussah. Sie selbst war noch nie in einer großen Kirche gewesen, denn als sie die letzten Male in Leasberg gewesen waren, hatte es immer Gründe gegeben, warum sie nicht hingehen konnten. Mal hatte es einen Brand gegeben, mal hatten sie es zeitlich nicht geschafft, mal hatte es einen anderen Grund gegeben. So kam es, dass sie bisher nur die kleine Kapelle ihres Dorfes gesehen hatte, die kaum mehr als ein überdachter Schrein war und in die maximal dreißig Personen reinpassten. Deswegen war sie ehr gespannt, ob die Kirche so sein würde, wie sie sich es nach den Beschreibungen ihrer Mutter vorgestellt hatte.

 

Nach einer gefühlten Ewigkeit war endlich der Moment gekommen, an dem sie ihren Stand abbrachen und zur Kirche losgingen. Ihr Vater musste den Karren noch an einen sicheren Ort bringen, doch seine Ware war bis auf ein paar wenige Hämmer restlos ausverkauft, weswegen er guter Stimmung war. Sie marschierten auf der Hauptstraße entlang und kamen an der Straße vorbei, in der sie gestern die Armen Ritter gekauft hatten. Der Weg führte beständig herauf, doch trotzdem schien Johannes nicht müde zu werden. Beschwingt lief er immer wieder ein paar Schritte vor, nur um dann aufs Neue zurückzulaufen, um seinen Eltern zu sagen, dass sie sich beeilen sollten. Je höher sie in der Stadt kamen, desto sauberer wurden die Straßen und desto schöner die Häuser. Schließlich kamen sie bei der Kirche an, vor der sich schon einige Menschen versammelt hatten und in die weit geöffneten Tore strömten. Allein die Tore waren so groß, dass sie etwa dreimal so hoch waren wie ihr Vater. Sie waren aus einem schwarzen Holz gefertigt und liefen oben in einem Bogen spitz zu. Eva schaute nach oben und hatte das Gefühl, dass ihr schwindelig würde. Die Türme waren noch viel höher, als sie von Weitem ausgesehen hatten und sahen fast so aus, als ob sie bis zu Gott in den Himmel aufragten. Das Fundament der Kirche war aus einem glatten Marmor gefertigt und ging dann in große Backsteine über. Doch Eva hatte nicht noch länger Zeit, sich die Kirche von außen anzuschauen, denn sie und ihre Familie wurden nun von der Menschenmenge nach innen gedrängt und was sie dort erwartete, übertraf ihre größten Erwartungen. Sie wusste gar nicht, wo sie zuerst hinschauen sollte. Zu den goldenen Verzierungen, die über der Kanzlei angebracht waren? Zu der riesigen Orgel, die überall mit wertvollen Schnitzereien versehen waren? Zu den Marmorengeln, die an den Säulen hingen, die sich nach oben öffneten, um die Decke zu tragen? Nein, es war die Decke, die ihre Augen in einen Bann schlugen. Riesige Malereien waren an der Decke, von denen sie einige aus den Geschichten ihres Großvaters wiedererkannte. Sankt Jürgen, der Drachentöter, Maria Magdalena, Adam und Eva, Szenen der Erschaffung der Welt. Sie konnte sich kaum von der Decke losreißen und nur die anderen prachtvollen Dinge in der Kirche sorgten dafür, dass sie ihren Blick wieder senken konnte. Sie setzten sich auf einen Platz und sie schaute sich um. Doch das alles verblasste, als sie den Chor hörte. Engelsgleich hallte der Gesang durch die Kirche und verwob sich mit der Orgelmusik, die dazu einsetzte. Wieder einmal hatte sie die Musik verzaubert, doch während sich die Musik letztes Mal magisch und mystisch angefühlt hatte, so hob sie dieses Mal die Musik in höhere Sphären und erschütterte sie in ihren Grundfesten. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Körper von der Orgelmusik vibrierte. Sie lauschte der Musik und sie klang in ihren Ohren noch lange nach, auch nachdem sie schon lange verstummt war. Erst als Johannes bei seinem Gezappel sie fast von der Bank runter schubste, kam sie zu sich. Der Priester war gerade mitten in einer Predigt, doch der war sie nicht gefolgt. Sie saßen noch eine Weile in der Kirche, bis der Gottesdienst zu Ende war und verließen dann das Haus Gottes, wie der Priester es genannt hatte.

Es war inzwischen Abend und es fing an, frisch zu werden, weswegen sie schnell zum Haus ihres Großvaters zurückgingen. Dort angekommen, erzählte Eva ihrer Familie begeistert, wie sie sich in der Kirche gefühlt hatte. Sie kamen in ein Gespräch darüber, wer wo schon mal welche Musik erlebt hatte und Eva driftete in Gedanken noch einmal in die Kirche ab. Von dort führte sie der Weg ihrer Gedanken zurück an das Lagerfeuer mit den Barden. Von dort sprangen ihre Gedanken zum Kampf des Ritters und dann zur Schmiede, bis ihre Gedanken langsamer wurden und als letzten Gedanken vor dem Einschlafen daran dachte, dass es eigentlich schade war, dass dies der letzte Tag vor ihrer Rückkehr gewesen war. Eigentlich hätte sie gerne noch länger Abenteuer erlebt.

Tag 7 - Die Plätzchenformen

Hier findest du eine Anleitung, wie du Plätzchen selber machen kannst. Diese Anleitung und das nebenstehende Bild gehören natürlich nicht uns, sondern den Betreibern von inaisst.de